Das Drama von Pfarrer Welti
Peter Welti war nicht der frömmste, aber sicher einer der bekanntesten Pfarrer von Wohlenschwil. Von Schulden erdrückt, versuchte der Gottesmann auf gottlosen Wegen zu Geld zu kommen: Er überfiel Postkutschen und zündete Häuser an. 1834 wurde er in Baden enthauptet. Seinen tragischen Lebensweg zeichnet jetzt das Freilichtspiel «Schwertstreich» in Wohlenschwil nach.
Peter Welti stammte aus Ittenthal im Bezirk Laufenburg und wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Für sein Studium und später für die Unterstützung seiner Angehörigen hatte er sich massiv verschuldet. Dazu lebte er über seine Verhältnisse. Bedrängt durch seine Gläubiger und aus Angst vor der Schande der Zahlungsunfähigkeit geriet er auf die schiefe Bahn.
Pfarrer Welti segnet Problemehe ein
Welti wirkte zuvor im aargauischen Stetten und kam 1832 als Pfarrer nach Wohlenschwil. Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Einsegnung der Ehe von Martin Florian Saxer und Ursula Meyer. Die Ehe war eigentlich bereits geschlossen worden, aber nach kirchlicher Lesart unerlaubterweise. Das sorgte damals für Aufruhr weit über die Dorfgrenzen hinaus. Der Fall ging als «Wohlenschwiler Handel» in die Geschichte ein.
Der Vorgänger von Pfarrer Welti, Pfarrer Franz Josef Stockmann, hatte sich geweigert, die Pfarrkinder Florian Saxer und Ursula Meyer zu trauen, weil sie als Cousin und Cousine blutsverwandt waren. Dazu hätte es kirchlicherseits eine Erlaubnis gebraucht. Staatlicherseits war die Ehe möglich.
Pfarrer Stockmann wurde von der radikalen, kirchenfeindlichen Aargauer Regierung abgesetzt und durch den staatlich genehmen und von Gemeindeammann Geissmann begünstigten Mägenwiler Vikar Bernhard Borner ersetzt. Dieser nahm die Trauung vor, worauf ihn der Basler Bischof Joseph Anton Salzmann vom Priesteramt suspendierte und die Ehe für ungültig erklärte.
Gegenüber dem neuen Pfarrer Welti zeigten sich die Brautleute Saxer-Meier reuig, keine kirchliche Dispens für ihre Verwandtenehe eingeholt zu haben. Diese kirchliche Trauerlaubnis traf am 21. Juli 1832 ein, und Pfarrer Welti rief abends spät die Brautleute und zwei Zeugen ins Pfarrhaus und segnete die Ehe in aller Stille ein.
Pfarrer Weltis handschriftlicher Eintrag der Eheschliessung von Florian und Ursula Saxer ins Ehebuch der Pfarrei Wohlenschwil.
Welti überfällt Postkutsche und zündet Häuser an
Auf der Suche nach Geld zur Begleichung seiner persönlichen Schulden überfiel Peter Welti am 13. November 1833 im Schutz der Dunkelheit zwischen Eckwil und Wohlenschwil die Postkutsche der Linie Aarau – Zürich und erbeutet unbemerkt aus dem Hinterkasten einen erklecklichen Geldbetrag. Dasselbe wiederholt er sechs Tage später.
So etwa sah damals eine Postkutsche aus. Im Postkasten hinten befanden sich Briefe und Geldsendungen.
Um Gelder der Brandschutzversicherung zu ertrügen, legt Pfarrer Welti am 10. Januar 1834 Feuer im Pfarrhaus. Das Haus kann gelöscht werden, doch greift das Feuer auf die umliegende Bauernhäuser über. Ein zehnjähriger Bub kommt in den Flammen ums Leben. Einen Monat später zündet Welti um halb fünf Uhr in der Frühe ein Bauernhaus in Mägenwil an und beteiligt sich an den Löscharbeiten. Die 34-jährige Maria Justa Huber flieht halbnackt aus dem brennenden Haus, sieht den Pfarrer, kehrt vor Scham wieder um und verbrennt. Anderntags wird sie von Pfarrer Welti beigesetzt. Nach weiteren Bränden in Wohlenschwil und Birrhard fällt der Verdacht der Brandstiftung allmählich auf Pfarrer Welti. Er war stets «zufällig» zur Stelle, um bei den Löscharbeiten zu helfen.
Pfarrer Weltis Eintrag des Todes von Justa Huber ins Totenbuch der Pfarrei Wohlenschwil.
Todesurteil und Enthauptung in Baden
Ende Februar 1834 wird Pfarrer Welti zur Strafuntersuchung festgenommen und ins Gefängnis in Baden überführt. Er leugnet zunächst beharrlich seine Postraube und Brandstiftungen, versucht mehrmals zu entkommen und gibt lediglich zu, seine Pfarrhaushälterin geschwängert zu haben. Schliesslich legt er am 3. Mai ein umfassendes Geständnis ab. Am 26. August 1834 wird er vom Obergericht in Aarau zum Tod durch das Schwert verurteilt und am 4. September an der Badener Richtstätte am Lägernhang von Scharfrichter Mengis aus Rheinfelden enthauptet. Tausende Zuschauer verfolgten das Schauspiel. Im Gefängnis hatte Pfarrer Welti zuvor seine Lebensgeschichte aufgeschrieben und Reue bekundet. Pfarrer Welt wurde 35 Jahre alt.
Das Freilichtspiel «Schwertstreich»
Die tragische Geschichte von Pfarrer Welti wird vom 3. bis zum 12. September 2021 als Freilichtspiel mit dem Titel «Schwertstreich» vor historischer Kulisse in Wohlenschwil inszeniert. Der bekannte Aargauer Regisseurs Peter Locher hat das Festspiel zum Jubiläum «750 Jahre Alte Kirche Wohlenschwil» verfasst und auch inszeniert mit rund vierzig Laienschauspielern. Das Theaterstück folgt weitgehend den historischen Fakten, verleiht der Geschichte von Pfarrer Welti aber mit fiktiven Elementen zusätzliche dramaturgische und emotionale Lebendigkeit und Tiefe.
Weitere Informationen auf der Website «Schwertstreich».
Artikel zur Lebensgeschichte von Pfarrer Welti
- Criminalprozedur über Joh. Peter Welti, gewes. Pfarrer zu Wohlenschwyl. Mit einem Anhang, enthaltend dessen Selbstbiographie. 1834. (20 MB)
- 41 der interessantesten Kriminalgeschichten aus alter und neuerer Zeit. (4 MB)
- Peter Welti, Pfarrer auf dem Schafott. Artikel von Urs Holderegger in Ennetbadener Post. (1 MB)
- «Pfarrer, Räuber und Brandstifter»: der Fall Peter Welti in Wohlenschwil 1833/34 als historisches Ereignis. Artikel von Urs Holderegger in der Zeitschrift Argovia. (15 MB)
- Peter Welti. Us der alemannische Wikipedia, der freie Dialäkt-Enzyklopedy. (102 KB)
- Zeitungsmeldung zur Hinrichtung von 1834 in: Der aufrichtige und wohlerfahrene Schweizer-Bote. (296 KB)